Betreff: Kunst Text
Die aktuellen fotografischen Arbeiten Frank Tapperts weisen – im Vergleich zu früheren Werken – vordergründig ein wesentliches Merkmal auf: die Reduktion. Das Motiv als solches tritt immer stärker in den Hintergrund oder besser, es wird immer weiter – fast bis zur Unkenntlichkeit – verschlüsselt.
Bei den Motiven, wenn überhaupt vorhanden, handelt es sich um eher intuitive Formen, die ausschließlich im Studio als Modell entstanden sind. Charakteristisch für aktuelle und frühere Arbeiten ist, dass es sich ausschließlich um Stilleben handelt. Der französische Begriff „nature morte“ beschreibt die Arbeiten besser, denn die Abwesenheit des Lebendigen ist entscheidend für die Arbeiten.
Der Betrachter verbleibt eher mit einer Ahnung als mit der Gewissheit von etwas Gesehenem . Die eigenen Vorstellungswelten und Erfahrungen müssen für die Entschlüsselung bemüht werden. Es drängt sich die Frage auf: Was ist Wirklichkeit?
Man sieht vielleicht das Gleiche, aber es sind unterschiedliche Dinge!
Das Entscheidende ist, dass es um Wahrnehmung vermeintlicher Realität geht, transportiert durch die Fotografie und die Lesart des Betrachters .
Viele der Materialeigenschaften, die sich der Künstler zunutze gemacht hat, fanden bereits in früheren Arbeiten Verwendung: Fehler im Fotopapier, Brüche, Risse, Staub, Spannungen im Papier etc. .
Ein weiteres wichtiges Merkmal charakterisiert die hier gezeigten Arbeiten: die Sinnlichkeit des Materials und seine Geschichte. Bei den meisten Arbeiten fand Barytpapier Verwendung, welches Jahre bzw. Jahrzehnte in Kellern oder Dunkelkammern gelegen hat. Durch die Überlagerung des Materials haben Feuchtigkeit, Schimmelpilze,
unbeabsichtigter Lichteinfall und einfach durch die Zeit bedingte Zerfallsprozesse latente Spuren hinterlassen, die durch Licht und fotochemische Prozesse sichtbar wurden und somit eine Geschichte erzählen, die nur im „alchemistischen“ Verfahren der analogen
Fotografie authentisch möglich sind.
Bei einem Teil der Fotoarbeiten wird aus der zweidimensionalen Ebene des Fotopapiers ein dreidimensionales Objekt , welches die Möglichkeit bietet, die Inhaltlichkeit zu erweitern, zu überlagern, zu verbergen und auch den Raum zu erschließen.
Nicht zuletzt sind auch Lichtreflexe und Spiegelungen auf den Oberflächen gewünscht und beabsichtigt, da sie eine weitere Ebene eröffnen. Sie beleben und verändern Objekte je nach Standort und Lichtsituation.
Zusammenfassend kann also der Betrachter, die Betrachterin die anfangs vielleicht flüchtig festgestellte Reduktion der Werke und deren Motive nach Kenntnis des Entstehungsprozesses getrost verwerfen und die Komplexität der Werke selbst entdecken.
Text : Martina Post &
Frank Tappert